Schottland 2010 


Dienstag der 10. August

Ullapool - Loch Seaforth, Isle of Lewis and Harris


7. Tag


Da die Fähre erst 10:25 Uhr ablegt und der Frühstückstermin zu 9 Uhr angesetzt ist, schlafen wir etwas länger. Was für ein schönes Wetterchen als wir aufwachen, es ist kaum eine Wolke am Himmel zu sehen... Hat sich unser Hoffen doch ausgezahlt!


West Terrace, Ullapool

 

So schön kann ein schottischer Morgen sein, warum nicht immer so...


Pünktlich treffen wir im Frühstücksraum ein, jeder bekommt das was er am Vortag bestellt hat. So probiere ich eine typisch schottische Frühstücksspezialität.


 


Haddock and Egg 

 

Geräucherter Schellfish in lauwarmer Milch, mit einem pochierten Ei und Toast.

Schmeckt gar nicht mal so schlecht, vielleicht als Mittagessen, aber definitif nicht zum Frühstück! Micha war mit der Wahl seines schottischen Frühstück sichtlich zufrieden.






  Eine gute Stunde später sind wir am Hafen, wo wir fast das Schiff verpassen, weil wir getrödelt haben. Wir haben es doch geschafft und die Moped`s stehen sicher im Frachtraum der Caledonia MacBrayne. Puh... 


 


Sie bringt uns zu den Äußeren Hebriden oder der Western Isles oder zur "Insel der Fremden", wie es in der gälischen Übersetzung klingt. Wow, das klingt richtig weit weg, einsam und verlassen...


Hafen Ullapool



Loch Broom




 Bob aus Leeds

 

Das ist Bob, Bob kommt aus der Großstadt Leeds in der englischen Grafschaft West Yorkshire. Er fährt einmal die Woche zur Isle of Lewis um dort aus verschiedenen Fabriken Giftmüll/ Hazardous waste abzuholen. Mit dem LKW bringt er diesen gefährlichen Abfall nach Leeds. Micha und Bob verstehen sich sehr gut, denn beide fahren eine BMW Adventure. Er beschwert sich bei Micha, dass er immer nur in die Alpen fährt, weil seine Motorradfreunde nicht nach Schottland wollen. Wenn er in Schottland fährt, fährt er immer nur allein.


         

The Minch


 The Minch


Der Minch, auf altnorwegisch Skotlandsfjörd, ist eine Meerenge die die nordwestlichen Highlands und die Äußeren Hebriden trennt. Er ist quasi der Nordteil der Inner Seas of the west coast of Scotland, besser bekannt als Inner Scottish Sea. Hier nah am Nordatlantik tummeln sich viele Delfine und Wale herum, ich halte Ausschau... nichts zu sehen. Wir wollen unbedingt einen Wal sehen auf dieser Reise!


 Isle of Lewis

 

Isle of Lewis and Harris "die lange Insel" ist die nördlichste und größte Insel der Äußeren Hebriden und sogar die drittgrößte schottische Insel. Die Insel wird durch eine Landenge in der Mitte geteilt und von den Bewohnern wegen der trennenden, unwegsamen Gebirgslandschaft mit zwei Namen bedacht. Lewis und Harris, auch ich werde sie namentlich trennen in diesem Bericht. Macht einiges einfacher...


 Stornaway Hafen, Isle of Lewis

 

Stornoway ist der Hauptort und die größte Ortschaft auf den Äußeren Hebriden. Der Naturhafen wurde schon um 1100 mit einer Burg, die du links oben sehen kannst, befestigt. 

 

Nach 85 km und 3 Stunden Wasserstraße laufen wir pünktlich um 13 Uhr in den Hafen von Stornoway ein. Nun geht es endlich wieder im Sattel des Motorrads weiter, auf der A857 fahren wir etwa eine Stunde nach Nordwesten zur ersten Attraktion hier auf der Insel.


 Trushal Stone, Ballantrushal


Der als "Clach an Truiseil" im gälischen bekannte Trushal Stone, er ist der wohl bedeutendste Menhir auf den Äußeren Hebriden. In leichter Hanglage steht er hier im Nordwesten von Lewis, erhebt sich 5,80 m über dem Boden und ist bis zu 1,80 m breit. Er gehörte zu einer längst vergangenen, vorchristlichen Kultur und verbreitet noch immer eine gespenstische Stimmung. Der mächtige Stein zeugt von einer einst blühenden Zivilisation, die hier vor Tausenden von Jahren existierte und hat seitdem alle nachfolgenden Generationen ins Grübeln und Staunen versetzt. 


 "Stein des Mitgefühls"


 Die Nordwestküste entlang, noch immer auf der A857 fahren wir die nächsten 20 km weiter nach Norden. Diese Straße führt direkt zum Port of Ness an der Nordostküste von Lewis, hier endet diese auch in einer Sackgasse. In dem Örtchen Port of Ness, auch Port Nis genannt, liegt ein kleiner faszinierender Hafen mit einem äußerst attraktiven Strand. 


Hafen Port of Ness

 

Unser nächstes Ziel ist der nördlichste Punkt der Äußeren Hebriden. Wir fahren die Sackgasse ein Stück zurück, um mit der B8014 zu einem unausgebauten Weg zu kommen, der uns zum Butt of Lewis führt.



Butt of Lewis Lighthouse

 

Der backsteinrote Leuchtturm von Lewis wurde von den Stevensons entworfen und entzündete sich zuerst 1862, 1976 stellte man ihn auf Strom um und seit 1988 funktioniert er voll automatisch. Auf 20 m hohen Klippen steht dieser 37 m hohe Turm, der im Inneren 168 Treppenstufen besitzt.

 

 

Es gibt einen Eintrag im Guinnessbuch der Rekorde, dieser Ort ist berühmt als windigster Ort im Vereinigten Königreich. Es wimmelt nur so von Hobbyfotografen und Filmemachern, da scheint jemand was gesehen zu haben. Ein Wal? Nix wie hin... 

 

... kein Wal. Ein Hai! Oh man, ein Hai...


Der einheimische Beobachter neben uns sagte, es wäre ein Basking Shark, also ein Riesenhai. Die können bis zu 10 m lang sein, zum Glück ernähren sie sich nur von Plankton.


 

 

In einem Tearoom in Eoropie machen wir erstmal Teatime mit Scones und Toasties. Wir können es immernoch nicht glauben... Wir haben einen Hai gesehen! Hier verbringen wir die nächste Stunde, es ist unheimlich ruhig hier, obwohl das ein touristischer Ort ist. Ausserdem überlegen wir, wie es ab hier weitergehen soll, suchen wir uns ein B&B oder einen Zeltplatz. Da es schon nach 16 Uhr ist, entscheiden wir uns für einen Zeltplatz. Um den richtigen Weg brauchen wir uns auch keine Sorgen machen, denn es gibt hier nur einen Weg. Die A857 an der Nordwestküste fahren wir nun zurück Richtung Süden. 


Nach 25 km auf dieser einzigen Straße, verlassen wir diese und bewegen uns jetzt noch immer der Nordwestküste entlang auf die A858, auch hier wieder die einzige Straße. Nächster Halt ist das kleine Dörfchen Arnol...


Arnold Black House


Eine verschwundene Lebensweise

Das Blackhouse ist ein traditioneller Haustyp hier in den keltischen Regionen. Sie wurden aus doppelt mit Erde gefüllten Trockensteinmauern gebaut mit mit hölzernen Dachbalken und Schilf abgedeckt. Es gab keinen Schornstein und keine Fenster. Diese Hütten waren wie Wohnungen, Menschen und Tiere lebten auf entgegengesetzten Seiten in dieser Bude zusammen. In jedem Blackhouse- Wohnzimmer loderte ein Torffeuer das niemals ausgehen durfte, das Feuer sollte das Dach trocken und im guten Zustand halten.


         

The Blackhouse Nr. 42


Die Ansiedlungsgeschichte reicht über 2.000 Jahre zurück. Dieses Blackhouse wurde 1880 erbaut und war einst ein typisches Wohnhaus. 1966 ist hier die letzte Hebridean crofting Familie mit ihren Tieren ausgezogen.


 

Die Familien nahmen beim Auszug immer das Dach mit, denn das war das wertvollste was sie hatten. Es war aus Holz und in dieser waldlosen, Torfmoorlandschaft ist das fast wie Gold. Niederlassen konnten sie sich überall, denn der Rohstoff Stein war vorhanden, nur kein Holz für Dächer.

Ich habe mich wirklich schon sehr gewundert wo all die Dächer hin sind!


               

Ruine Blackhouse Nr. 39

 

An der Ruine steht ein gewöhnliches Haus, so sieht der Nachfolger der Schwarzen Häuser aus. Sie wurden quasi Zwangseingeführt wegen der neuen Gesundheitsgesetze.


The Whitehouse


Nächster Halt an der Westküste das Dun Carloway...



         

Dun Carloway

 

Eine relativ gut erhaltene Ruine des etwa 2.000 Jahre alten Carloway Brochs, an der Nordwestküste von Lewis besuchen wir gerade. Ein Broch ist eine runde, turmartige Anlage, die ausschließlich in Nordschottland zu finden ist. Auch hier wurde in doppelten Mauern gehaust. Dun Carloway`s Mauern sind etwas über 3 m dick und dazwischen befindet sich eine Wendeltreppe, er ragt heute noch 9 m hinauf. Forscher nehmen an, dass es sich bei diesen Türmen um Wohnsitze der landbesitzenden Bevölkerung handelt. Wahrscheinlich sind sie Vorläufer der Burgen. 


Es gibt in Schottland noch Überreste von 500 Brochs.


           

Dun Carloway

 

Wir bewegen uns bereits in südliche Richtung und nach 13 km besichtigen wir die ältesten stehende Steine in Schottland. Ein ruhiger und mystischer Ort, wir sind auch fast die einzigen Besucher hier.


The Standing Stones of Callanish 1






Diese Steinsetzung besteht aus 48 Steinen und hat die Form eines keltischen Kreuzes, wie ein Kompass zeigt er exakt in alle vier Himmelsrichtungen.




 




Der Zentralstein ist mit 4,72 m der höchste der Anlage und wiegt nach Schätzungen von Fachleuten 5-6 Tonnen.

 

In der Jungsteinzeit begannen Menschen mit der Errichtung des Kreises. Es gilt als erwiesen, dass die Erbauer von Callanish diese Steinsetzungen exakt nach astronomischen Ereignissen ausgerichtet haben. Dieses Monument, so nimmt man an, diente zur spirituellen Ausübung ihres Glaubens.





             


Mittlerweile sind wir auf die A859 abgebogen, kurz hinter Balallan direkt an der Straße entdecken wir ein Denkmal.



Memorial of the Heros of Lochs


Dieser Gedenksteinhaufen, der auch ein Aussichtspunkt ist, erinnert an die "Landräuber", die 1887 kämpften, um zu verhindern, dass die Höfe im Pairc der Lochs in einen Wildpark umgewandelt werden. Das Denkmal wurde 1992 erbaut.



Mittlerweile ist es 20 Uhr, wir sind im anderenTeil der Insel angekommen. Langsam sollten wir auch unser Nachtlager finden, denn es wird ungemütlich.


bei Ath Linne

   

Die Schlafplatz suche gestaltet sich schwierig, links von uns nur Gebirge und rechts alles abgezäunt.


            

Aird a Mhulaidh

 

An dieser Stelle, bei Aird a Mhulaidh, wollen wir das Zelt aufschlagen, aber erstmal machen wir den Windtest wegen der Midges. Der Wind ist zu schwach, es sieht schlecht aus für uns, auch durch das Bächlein schwirrt es hier nur so von diesen Biestern. Das bedeutet für uns weiterfahren...


Unsere Suche geht weiter, wir fahren die Straße immer weiter bergauf. Zum Glück bergauf, dass heißt mehr Wind und weniger Midges. Nach einer halben Stunde machen wir Halt an einer Parkbucht, kurz vor der Kreuzung wo es nach Maraig geht. Hier ist es saumäßig windig, fast schon stürmisch, hier sollten wir bleiben.


           

am Loch Seaforth

 

Als wir die Kisten abgeladen haben, fängt es an zu nieseln, wir müssen das Zelt stehen haben, bevor noch mehr runter kommt. Ich glaube heute haben wir unseren Rekord im Zeltaufbau gebrochen. Leider kann ich keine Zeitangabe machen, da ich nicht auf die Uhr geschaut habe. Aber ruckzuck stand das Ding...


An unserem Tisch bereitet Micha das Abendbrot zu, es gibt Boeuf Stroganoff aus der Tüte von Globetrotter Lunch. Stroganoff, wie sich vermuten läßt, ein Gericht was seinen Ursprung in Russland hat. Ein Ragout aus Rinderfiletspitzen, Champignons, Cornichons, Rote Bete, Reis und saurer Sahne, eine der Sachen die ich unheimlich gerne esse. Nun gut, dass hier ist allerdings aus der Tüte zum aufgießen. Man kann nichts negatives über das Tütenessen sagen, es hat sehr gut geschmeckt und ist bis jetzt in der Tütenessenliste auf Platz 1.


           


Jeder bekommt natürlich, wie jeden Abend ein Pint Tennents. Ich sorge für gute Atmosphäre, indem ich die Reiseboxen in den Ipod stöpsel und Runrig laufen lasse. Es ist ein gutes Gefühl die Stimmen meiner schottischen Band hier an diesem Ort zu hören, auf den Äußern Hebriden lebt der Drummer. Micha und er waren für über 1 Jahr Nachbarn und er hat ihn schon oft bekocht. Wenn das Wetter mitspielt, wollen wir ihn besuchen bei der Reise in den Süden der Äußeren Hebriden.

 

Zum Glück bleibt es bei leichtem Nieselregen, später hört er sogar auf und Midgesalarm gibt es auch nicht! Um uns herum ist es total schwarz, hier gibt es keine Häuser weit und breit, hier fahren auch keine Autos mehr um diese Zeit. Wir sind also ganz allein, ja denkste... 


Als wir mit den Stirnlampen um uns herum in die Dunkelheit leuchten, strahlen uns viele kleine blitzende Sternchen an. Wir sind erstmal geschockt und überlegen was das wohl sein kann. Es sind Schäfchenaugen, die stehen wer weiss wie lange schon 20 m entfernt um uns herum. Noch oft an diesem Abend und bis in die Nacht hinein, leuchten wir in die Dunkelheit und sehen die Schafe wie sie da immer noch stehen und glotzen. 


Schäfchen müsste man sein...


Tagesstrecke: 165 Km

Gesamtstrecke: 1354 Km

Nächster Tag

 

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