Schottland 2010  


Sonntag 8. August

Dornoch Firth, Meikly Ferry - Kyle of Tongue


5. Tag


Wir wachen schon gegen 6 Uhr auf, sind ja auch sehr früh schlafen gegangen am Abend zuvor. Der Himmel ist etwas aufgelockert, könnte vielleicht ein schöner Tag werden.



Das Wasser ist unheimlich zurückgegangen, man sieht es an den Booten, gestern schaukelten sie noch in den leichten Wellen. Am Ufer findet Micha seine Bierdose wieder. Wir dachten sie sei davongeschwommen, dabei wurde sie nur überflutet. Das ist schon mal ein guter Start in den Tag, ab ins Gepäck damit, die gibt es heut Abend.

 


Wir wollen Frühstück machen, aber da sind sie wieder, diese schottischen Blutsauger.



The Midges of Scotland

Der Schrecken der Highlands


Midges, das sind kleine schwarze stechende Fliegen, die artverwandt mit den Moskitos sind. Von Juni bis August sind sie eine lästige Plage in den Highlands, sie tauchen zu Hunderten und gar zu Tausenden auf. Die Stechattacken beginnen schon morgens ab 5 Uhr bis ca. 9 Uhr, dann hat man etwas Ruhe tagsüber und zum Abend hin geht es dann munter weiter bis Mitternacht. Man kann sich kaum wehren gegen diese Biester. Sie lieben schattige und windgeschützte Plätze, in der Nähe von Gewässern, Torfmooren und Sträucher fühlen sie sich am wohlsten. Also, immer im Windstehen, denn dann habe sie keine Chance zu fliegen und man hat seine Ruhe.





Aus dem Frühstück wird wohl nix, diese Biester lassen uns nicht in Frieden. Micha bekommt es gerade mal so hin Wasser für Kaffee zu kochen, den trinken wir natürlich im Zelt. Nachdem wir dann mit einer hastigen Geschwindigkeit unser Zelt zusammenpacken und die Kisten beladen, ist unser Gemütszustand in einer gefählich aggressiven Lage. Wir müssen hier weg.


             


So gegen halb 8 verlassen wir den Ort des Schreckens, fahren die 2km lange kleine Strasse zurück auf die A9 in nördliche Richtung. Unser nächstes Ziel ist 117km entfernt, John O`Groats, der Ort von wo aus Ewan McGregor & Charley Boorman bei Long Way Down nach Afrika fuhren. Dazu später mehr...


 


Übrigens immernoch auf Schottlands längster Strasse, fahren wir die nächsten 20 km auf leeren Strassen, denn heut ist Sonntag und morgens um 8 Uhr schlafen selbst die Schotten noch. In der Nähe von Golspie, an der Ostküste, liegt das Dunrobin Castle, das sollte sich jeder Schottlandbesucher anschauen. Einfach durch das Tor fahren, danach die kleine schmale Alleenstrasse bis zum Ende...


Dunrobin Castle, Golspie


... und siehe da


Dunrobin Castle, Golspie


Dieses Schloss ist das größte Wohngebäude in den nördlichen Highlands, es hat 189 Zimmer und ist der Sitz der Familie des Duke of Sutherland. Der erste Wohnturm wurde im 13. Jahrhundert gebaut, später im 19. Jahrhundert diente das Schloss für 7 Jahre als Jungen- Internat.


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und hier wieder raus


Wieder auf der einsamen A9 fahren wir die wunderschöne Ostküste weiter, nach etwa 40 Km sagt Micha, er glaubt, jetzt kommt gleich meine Unfallkurve von 2007.

 

Ein Déjà- vu? Oh Schreck...


Berriesdale


... tatsächlich, es war meine Kurve... hier muss ich unbedingt anhalten um den Ort zu dokumentieren. In der Kurve konnten wir aus verkehrstechnischer Sicht nicht anhalten und die nächste Gelegenheit war nun eben diese Auslaufzone, die zum Stoppen eines ausser Kontrolle geratenen Fahrzeugs dienen soll. Wir stehen auch nur kurz dort.




Dort, über der Unfallkurve 2007 ist auch gleich der Friedhof... :-)



Hier nochmal aber von oben. Das sind 13% Gefälle...



Damals bin ich im 3. Gang hoch gefahren und habe erst in Höhe des Autos in den 2. geschalten. Ich stotterte um die Kurve, diese bekam ich auch noch, aber dann versäumte ich Gas zu geben. Somit legte ich mich das erste mal mit meiner Kawa. Zum Glück haben viele Einheimische sofort geholfen mit Warnblink und so. Heute stehe ich hier oben und lass die alte Geschichte Revue passieren, ich sage Danke für dieses Erlebniss. Seit dem kann ich Kurven fahren und Berge erobern...


An der Kreuzung in Latheron, 10 km hinter Berriesdale verlassen wir die längste Strasse Schottlands, um weiter an der Küste entlang zu fahren. Auf der A99 Richtung Wick geht es weiter, wir befinden uns bereits seit einer Weile in der Grafschaft Caithness. Über die Grafschaft ist frühgeschichtlich wenig bekannt, sie soll vom Volk der Pikten bewohnt worden sein. In der kleinen Hafenstadt Wick trudeln wir gegen 11 Uhr ein, dort tanken wir erstmal.




Hier an der Nordostspitze Schottlands, ein Roller mit Berliner Kennzeichen, leider ohne Herrchen. Schade... Wir suchen den Tesco Wick auf, um unser Abendmahl auszuwählen. Milch, Brot, Butter, Käse, Fisch und Salat soll es geben.


                    


Diese Möven, sie sind keineswegs scheu, im Gegenteil. Die wollen doch tatsächlich unsere Blueberry Muffins haben, wir müssen wirklich auf unsere Sachen aufpassen.


Warth Hill Viewpoint


In dieser gottverlassenen Ecke, lernen wir auf dem Parkplatz des Aussichtspunktes ein Pärrchen aus Berlin Pankow kennen. Sie kommen gerade vom John o´Groats... wie klein doch die Welt ist! 


Duncansby Head Lighthouse


 

die nördlichste Klippe


Auf diesen steilen Klippen steht der 1924 errichtete Leuchtturm. In der Nähe des Turms, kann man die Stacks of Duncansby`s Head bestaunen. Dazu muss man einige Meter bergauf durch Moorland stapfen. Eine Aussicht die sich lohnt, zwei Felsnadeln erheben sich vor der Küste aus dem Meer.


Stacks of Duncansby`s Head



       


Endlich angekommen am nordöstlichsten Punkt Britanniens. 


John o`Groats, das Ziel und ein Muß für jeden Motorradfahrers! Eine kleine Ortschaft, hier an der wilden Nordküste, mit einem kleinen Hafen, für Fähre und Hummerfangboote. Der Ort rühmt sich mit dem letzten Haus in Schottland, welches man in Form eines Museumsbesuchs begehen kann. Ausser einigen Souvenierläden gibt es hier nicht viel zu sehen. Der Name John O`Groats soll sich von dem Holländer Jan de Groot herleiten, der 1496 die Fähr- Rechte zu den vorgelagerten Orkney- Inseln verliehen bekam.


zuerst & zuletzt


John o`Groats Hafen


The Last House in Scotland


stillgelegtes Hotel am John o`Groats


Ewan McGregor und Charley Boorman, ein Schotte und ein Engländer, zusammen seit 1997 eine enge Freundschaft. Ich liebe diese beiden Männer! Das Foto der beiden habe ich von der John o`Groats Snack Bar abfotografiert, hier verspeiste jeder im Mai 2007 noch einen Burger, bevor es in "Long Way Down" nach Südafrika ging. 


Das muss ich unbedingt noch hinzufügen... Wir essen hier den schlechtesten Burger unserer Reise!



Ich will euch noch etwas über die Long Way Geschichte erzählen...



Long Way Round

Im April 2004 machten die beiden Freunde sich auf den Weg, mit dem Motorrad um die Welt zu fahren. Von London nach New York im Sattel der BMW R 1150 GS Adventure, 30. 395 km und 115 Tage in eine zehnteilige Dokumentarserie verpackt. Wenn ihr auf Abenteuer und Outdoor steht, dann schaut es euch an! www.longwayround.de 



Long Way Down

Diese Serie ist die Nachfolge von Long Way Round. Im Mai 2007 fuhren Ewan und Charley 24.000 km von John o`Groats nach Kapstadt, diesmal mit der BMW R 1200 GS.  www.longwaydown.com



Unser Long Way sollte nach Plan im John o`Groats Caravan Park enden, doch wir haben es erst 15 Uhr, zu früh für`s Nachtlager. Das Wetter ist prächtig, fast schon zu warm, wir können noch mindestens 4 Stunden fahren. Wir wechseln die Strasse und die Fahrtrichtung, bewegen uns jetzt in westliche Richtung auf der A836 RichtungThurso. Einen kleinen Abstecher machen wir aber noch zum 10 km entfernten Castle of Mey.


Castle of Mey...


          

... in der Hand


Das Castle of Mey wurde im 16. Jahrhundert gebaut, es ist das nördlichste Schloss auf dem schottischen Festland. Seit 1952 war es in Besitz der Queen Mum, Königin Elisabeth I, die das völlig desolate Gebäude restaurierte und renovierte. Über 50 Jahre lang verbrachte sie jeden Sommer hier. Prinz Charles lebt regelmässig für eine Woche im August in diesem Schloss.


          

Brough, Nordküste


Nach dem Abstecher bleiben wir auf dieser kleinen Strasse, die sich Braes of Harrow nennt und uns auf eine Halbinsel bringen soll. Nach 12 km auf der Küstenstrasse der Halbinsel , präsentiere ich das Resultat.

Dunnet Head, der nördlichste Punkt des schottischen Festlandes...



          

Dunnet Head Lighthouse


Im Hintergrund seht ihr den berühmt- berüchtigten Pentland Firth, eine Meerenge zwischen dem Festland und den Orkney- Inseln. Die Meerenge "im Land der Pikten", verbindet die Nordsee mit dem Nordatlantik, durch extreme Strömungs- und Windverhältnisse gilt dieser Bereich als heimtückisch und schwierig. Wir starren auf das Meer, denn Kegelrobben sind hier beheimatet, aber keine Robben zu sehen...


Dieser Leuchtturm ist seit 1831 in Betrieb, das 20 Meter hohe Bauwerk hat 51 Treppenstufen. Hier war sogar Queen Mum mehrmals zu Besuch und trank Tee mit dem Leuchtturmwärter und dessen Frau.


Wieder auf der A836, fahren wir weiter Richtung Westen...


          

Highland Cattles


Ich liebe diese Rinder einfach...!




zwischen Reay und Melvich


Wieder zurück in der Grafschaft Sutherland, wir verabschieden uns vom wilden und einsamen Nordostzipfel des Landes.


                 

Bettyhill Viewpoint


Ben Loyal links mit den kleinen Spitzen, er ist 764m hoch. Der populäre Gipfel rechts, der Ben Hope mit 927m, ist der nördlichste Munro (3000er) Schottlands.



Die weite Einsamkeit Sutherlands, rauh und gebirgig... 

 

Es wird langsam spät, wir habens jetzt 19 Uhr und immernoch keinen Schlafplatz in Aussicht. Diesmal sehen wir zu, dass wir ein windiges Plätzchen erhaschen, wegen der Midges. Doch vorher entdecken wir wieder ein Örtchen aus vergangenen Tagen.


Sutherland


Hier müssen wir nochmal anhalten, um diese Bilder zu knipsen...


... Elizabeth`s Cafe Crafts & Tourist Information, an diesem Tisch verspeisten wir 2007 Fish & Chips und tranken einen Kaffee. Heute ist hier leider geschlossen.






2007    












2010








bei Strathtounge, Sutherland


bei Strathtongue



Mittlerweile ist es schon 20 Uhr, wir machen Rast an einem Parkplatz auf einem Damm, der in den Kyle of Tongue führt. Wir sind hungrich, erschöpft und fahrfaul, deswegen diskutieren wir darüber, ob wir hier illegaler Weise campen. Das Overnight Parking Schild, dass sicherlich mal ein No Overnight Parking aussagen sollte, machte die Entscheidung nicht gerade leicht.


Kyle of Tongue




Wir machen uns erstmal Abendbrot und überlegen was wir nun tun wollen. Plötzlich fahren zwei Autos rasant an das andere Ende des Parkplatzes, 7 Spanier steigen aus, bauen ihre 3 Zelte in Windeseile auf und verschwinden in diesen auch so schnell, wie sie gekommen sind. Na toll, wir überlegen seit einer Stunde ob wir hier das Zelt aufbauen.


Nach dem Essen bauen auch wir bedenkenlos und ohne Worte unser Zelt auf. Gar nicht mal so einfach, der Wind bläst sehr stark in das Tal, was allerdings hervorragend ist für die Midgessituation. Die restliche Zeit verbringen wir im Zelt, da der Wind echt kalt ist und es leicht nieselt. Somit knipsen wir auch schon gegen 23 Uhr die Lampe aus, mit der Hoffnung, dass es morgen früh besser aussieht.


Tagesstrecke: 246 Km

Gesamtstrecke: 1036 Km

Nächster Tag

 

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