Das Leben davor     

Zuvor muss ich gestehen, dass an Material von meiner Kindheit bzw. Teenager Zeit nicht viel übrig geblieben ist. Damals bin ich mit 15 Jahren ausgezogen und habe meinen Eltern den Rücken zugedreht. Warum, Wieso und Weshalb soll hier nicht Thema sein.

Das Licht der Welt entdeckte ich kurz vor dem Frühling, im Jahr 1979 in einer medizinischen Einrichtung, in einer kleinen Kreisstadt im Landkreis Meißen. Dort lebte ich mit Mutti, Vati und meiner zwei Jahre älteren Schwester.

Nachdem mein Vater ein Stellenangebot in Berlin bekam, verließen wir nach einem halben Jahr den Freistaat Sachsen.

                                                                           1980 Die Eltern und die ältere Schwester

Wir zogen nach Berlin Mitte, nahe der Grenze zur BRD und lebten natürlich auch in einem Plattenbau. 

1982 kam meine kleine Schwester dazu, sie ist der einzig wahre Berliner in unserer Familie.

                1988 Die Schwestern

1988 Die Familie

Wie die meisten Leute in der DDR hatten auch wir einen Bungalow, den wir selbstverständlich und über Jahre hinweg mit unseren eigenen Händen gebaut haben. Im schönen Landkreis Dahme-Spreewald in Brandenburg steht er heute noch und wird von meinen Eltern bewirtschaftet.

1989 Der Bungalow

Für mich waren diese Zeiten echt nervig, ich hatte keine Lust jedes Wochenende und jeden Urlaub dort hinzufahren, wir mussten ja auch immer kräftig mit anpacken. Doch dann fing ich mit dem Judo an und ich nahm an Wettkämpfen teil, die so ziemlich jedes Mal auf`s Wochenende fiehlen.

"Seid bereit! - Immer bereit!"

1985 wurde ich, wie fast alle Kinder zu jener Zeit, in eine zehnklassige allgemeinbildende polytechnische Oberschule eingeschult. So wurde ich mit 6 Jahren automatisch zum Jungpionier, der mit Stolz sein blaues Halstuch tragen durfte. Man trug einheitliche Schulkleidung, wie auf dem Bild zu sehen ist, zu besonderen Anlässen und Fahnenappellen durften wir auch das blaue Käppi tragen.

Am 13. Dezember 1948 wurde die Pionierorganisation als sozialistische Massenorganisation gegründet, sie war Teil des einheitlichen Schulsystem der DDR und fest in Schulen integriert. Das Ziel war es, die Kinder zu "jungen Sozialisten" zu erziehen, damit sie dem "Klassenfeind" freiwillig fern bleiben. Die Organisation stellte stets das Kollektiv in den Mittelpunkt. Die Einheitspartei der Kleinen!

Mitgliedskarte für Jungpioniere

Jedes Kind musste das "Pionierversprechen" ablegen, wurde dann feierlich zum Jungpionier erklärt und erhielt eine Mitgliedskarte / Pionierausweis. Ältere Pioniere banden dann den Kleinen das dreieckige blaue Halstuch um, daß natürlich mit einem speziellen Pionierknoten getragen wurde.

Das Pionierversprechen

"Ich verspreche, ein guter Jungpionier zu sein. Ich will nach den Geboten der Jungpioniere handeln."

Auf der Rückseite der Mitgliedskarte standen die 10 Gebote...

WIR JUNGPIONIERE lieben unsere Deutsche Demokratische Republik.                                                                       WIR JUNGPIONIERE lieben unsere Eltern.                                                                                                               WIR JUNGPIONIERE lieben den Frieden.                                                                                                                     WIR JUNGPIONIERE halten Freunschaft mit den Kindern der Sowjetunion und aller Länder.                                    WIR JUNGPIONIERE lernen fleißig, sind ordentlich und diszupliniert.                                                                        WIR JUNGPIONIERE achten alle arbeitenden Menschen und helfen überall tüchtig mit.                                           WIR JUNGPIONIERE sind gute Freunde und helfen einander.                                                                                  WIR JUNGPIONIERE singen und tanzen, spielen und basteln gern.                                                                          WIR JUNGPIONIERE treiben Sport und halten unseren Körper sauber und gesund.                                                WIR JUNGPIONIERE tragen mit Stolz unser blaues Halstuch.                                                                               WIR bereiten uns darauf vor, gute Thälmannpioniere zu werden.

Mitgliedsbuch der Thälmannpioniere

In der 4. Klasse wurde jeder Jungpionier nach Ablegen des Gelöbnisses zu Thälmannpionieren erklärt. Das war 1988 und ich war mittlerweile 9 Jahre alt.

Im Mitgliedsbuch standen die 11 Gesetze der Thälmannpioniere, die Rechte und Pflichten des Pioniers und die Mitgliedsbeiträge in Form von Briefmarken. Der Beitrag für einen Monat betrug 10 Pfennig.

Nachdem die Mauer 1989 fiel war dann der Pionierspuk vorbei.

Brandenburger Tor - Festival of Lights

"Die Spuren der DDR nicht anzuerkennen, bedeutet, ein Stück der eigenen Herkunft abzuschneiden und auf diesen Erfahrungsschatz zu verzichten."  

Michael Hacker

Als die Mauer fiel war ich 10 Jahre alt, 

zu klein um Groll zu schieben 

und zu jung um Hass zu empfinden.